16. März 2023
Am Montag, 6. März 2023, haben sich Vertreter des Landkreises Grafschaft Bentheim mit Vertretern des Kreisjugendrings (KJR) zum alljährlichen Austausch über die Jugendarbeit im Kreisgebiet getroffen. Dabei ging es um bereits vorhandene und noch fehlende Angebote für Jugendliche und die Frage, wie die Jugendarbeit im Landkreis weiter gestärkt werden kann.
„Wenn es um die Jugendarbeit im Landkreis geht, müssen wir an erster Stelle die Jugendlichen selbst befragen“, äußerte Landrat Uwe Fietzek und wies damit auf die Relevanz von Beteiligungsstrukturen für Kinder und Jugendliche hin. Es gehe um das Zuhören, was den Jugendlichen im Landkreis überhaupt wichtig ist, so Gunda-Gülker-Alsmeier, Kreisrätin und zuständige Dezernentin. Zu diesem Zweck hatten in der Vergangenheit bereits Austauschformate zwischen Jugendlichen und politischen Vertretern sowie Befragungen von jungen Menschen im Kreisgebiet stattgefunden, bei denen Bedarfe ausgemacht werden konnten. Doch vorhandene Beteiligungsformate seien oft nicht ausreichend bekannt oder nicht mit den notwendigen Werkzeugen ausgestattet.
Frank Spickmann, Vorstand Kreisjugendring und Geschäftsführer des Kreissportbundes, teilt die Ansicht der Verwaltung, Jugendliche stärker in die Ausgestaltung ihrer Lebenswelt einzubeziehen: „Dabei wäre die vollständige Selbstorganisation zwar schön und erstrebenswert, aber die ehrliche Auseinandersetzung mit Meinungen und Bedarfen ist ebenfalls Beteiligung. Wir dürfen daher nicht darauf warten, bis Kinder und Jugendliche selbst aktiv werden, sondern müssen den direkten Dialog suchen und Hilfestellung sowie Wissenstransfer anbieten.“ Beispielhaft nannte Sven Scheffels, Jugendreferent der Herrnhuter Brüdergemeine Neugnadenfeld, eine Disco, die Anfang des Jahres von Jugendlichen für Jugendliche in Hoogstede organisiert wurde: „So etwas kann auch gut an anderen Orten der Grafschaft funktionieren. Weitere Projekte sind bereits in Planung“.
Bereits im September letzten Jahres hatte der Landkreis die Absicht erklärt, gemeinsam mit einer kreisangehörigen Gemeinde ein Jugendbeteiligungskonzept entwickeln zu wollen. Durch die bestehenden Personal- und Vernetzungsstrukturen käme eine Umsetzung des Vorhabens in der Gemeinde Wietmarschen infrage. Bei erfolgreicher Umsetzung könnten in Zukunft auch andere Kommunen von den Beteiligungsformaten profitieren. Das Thema wurde am gestrigen Mittwoch im öffentlichen Jugendhilfeausschuss beraten. Einig waren sich alle Beteiligten darin, dass die Absichtserklärung zur Einführung einheitlicher Qualitätsstandards in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ein Meilenstein zur Weiterentwicklung dieser wichtigen Arbeit ist. Sie wurde inzwischen von allen Kommunen und dem Landkreis unterzeichnet.
Zur Sprache kamen auch die personellen Ressourcen im Rahmen der Jugendarbeit. Die KJR-Vorstandsmitglieder Lena Heggemann (Kinder- und Jugendarbeit im Jugendzentrum Komplex) und Marius Franke (Vorsitzender Kreisjugendring und Bund der Deutschen Katholischen Jugend) schilderten, dass die Jugend- und Kulturarbeit oftmals in einer Stelle zusammenlaufe. Jugendarbeit müsse klar erkennbar bleiben, Fachkräfte müssten für diese Aufgabe in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. „Wir brauchen mehr hauptamtliche Jugendpfleger und Jugendarbeiter – nur dann kann Jugendarbeit gelingen“, so der einheitliche Apell des Kreisjugendringes an Kommunen, Kirchen, Vereine und Verbände. Damit es dazu kommen könne, müsse die Relevanz von Jugendarbeit aus allen Perspektiven hervorgehoben werden. Fietzek: „Jugendliche brauchen eine Lobby, um Gehör zu finden. Letzteres möchte ich im Austausch mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Kreisgebiet fördern.“ Gleichzeitig müsse aber auch die Arbeit der kommunalen Jugendpfleger lauter werden. „Sie sollten regelmäßig in den politischen Gremien vor Ort über ihre Arbeit berichten und das Thema auf diese Weise präsenter machen“, forderte Alfred Hülmann, Leiter der Abteilung Familie, Jugend, Sport und Integration beim Landkreis.
Mit Blick auf die Schließung des Kreissportzentrums für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine brachte Landrat Uwe Fietzek sein Bedauern zum Ausdruck: „Da es die Größe und die Sanitäranlagen in dem erforderlichen Umfang bieten konnte, war das Sportzentrum bei der Planung der Notunterkunft damals schnell in den Fokus gerückt. Im engen Austausch mit den Sportvereinen haben wir gemeinsam nach Ausweichoptionen gesucht und diese zum großen Teil auch gefunden. Dennoch weiß ich um die große Bedeutung für die Vereine und ihre Mitglieder. Daher beschäftigen wir uns im Landkreis aktuell mit der Einrichtung einer Pufferlösung, die sehr schnell als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden könnte.“ So müssten Landkreis und Gemeinden nicht auf Sporthallen zurückgreifen.
„Es war ein konstruktiver Austausch, der noch einmal die Chancen der Jugendarbeit aufgezeigt, aber auch sichtbar gemacht hat, wo noch Nachbesserungsbedarf besteht“, resümierte Gunda Gülker-Alsmeier das Gespräch mit dem Kreisjugendring. Beide Seiten wollen die Impulse mitnehmen und auf das Gespräch aufbauen.