Unheilbar Erkrankte und Sterbende in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung versorgen und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod ermöglichen – dieses Ziel verfolgt die spezialisierte ambulante Palliativversorgung, kurz SAPV. Seit rund zweieinhalb Jahren besteht in der Grafschaft Bentheim das Angebot der SAPV, angegliedert ist es an die Nordhorner Euregio-Klinik. Im Ausschuss für Soziales und Gesundheit des Landkreises Grafschaft Bentheim stellten Heidi Abel, Koordinatorin und Palliative Care Fachkraft, sowie Palliativmediziner Dr. Hermann Thole das Aufgabenspektrum der SAPV vor.
„Unsere Patientinnen und Patienten leiden meist unter fortgeschrittenen onkologischen Erkrankungen oder unter chronischen kardiologischen bzw. neurologischen Erkrankungen. Oft liegt eine ausgeprägte Schmerzsymptomatik vor und die Lebenserwartung ist leider nur noch begrenzt“, erklärte Heidi Abel. „Wir wollen in großer Not eine Stütze sein und tragen dazu bei, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung so weit wie möglich zu erhalten. Dazu gehört die ganzheitliche Versorgung zuhause oder in einer stationären Pflegeeinrichtung. Krankenhausaufenthalte wollen wir vermeiden. Dabei arbeiten wir sehr eng mit den jeweiligen Haus- bzw. Fachärzten zusammen und bilden eine Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung.“
Das siebenköpfige Team der SAPV ist multiprofessionell auf medizinischem, psychosozialem und sogar auf spirituellem Gebiet aufgestellt. „Per Rufbereitschaft sind wir das ganze Jahr 24 Stunden am Tag erreichbar. Das gibt den Patientinnen und Patienten, aber auch ihren Angehörigen, große Sicherheit“, weiß Abel. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen helfen bei körperlichen und seelischen Beschwerden, wie komplexen Schmerzen, Luftnot, Übelkeit, Angst und Trauer. Ebenso übernehmen sie die medikamentöse Symptomkontrolle sowie die Bedarfsermittlung und Beschaffung von Hilfs- und Arzneimitteln. „Wir unterstützen zudem bei der Erstellung von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten oder bei der Organisation eines Hausnotrufes“, berichtete Abel.
Die Betreuung der Patientinnen und Patienten durch die SAPV ist engmaschig. Neben dem telefonischen Kontakt stehen Besuche ein- bis zweimal pro Woche an. „Unser Ziel ist es, dass die Erkrankten und ihre Angehörigen die Zeit, die ihnen bleibt, intensiv nutzen und sich ganz auf sich selbst konzentrieren können. Wir wollen den Angehörigen die Angst nehmen, dass irgendetwas nicht richtig läuft, um die Situation zu entspannen und zu beruhigen“, machte Dr. Hermann Thole deutlich. Verordnet wird die SAPV durch Haus-, Fach- oder Krankenhausärzte. „Die SAPV stellt eine eigene Säule im Versorgungssystem dar. Dass wir dieses Angebot in der Grafschaft vorhalten können, ist ein großer Gewinn – damit wurde 2020 eine Lücke geschlossen. Palliativpatientinnen und -patienten können bei uns nun sowohl stationär als auch ambulant komplett versorgt werden“, hob Thole hervor.
Seit dem Start der SAPV in der Grafschaft im Juli 2020 haben bereits über 440 Patientinnen und Patienten das Angebot in Anspruch genommen, rund 30 werden aktuell betreut und begleitet. Die älteste Patientin war 101 Jahre alt, der jüngste Patient war 28 Jahre alt. Von den betreuten Patientinnen und Patienten sind im vergangenen Jahr 204 in ihrer gewohnten Umgebung zuhause verstorben, 39 in Pflegeheimen. Das Angebot werde angenommen und die Nachfrage steige kontinuierlich, erklärte Heidi Abel abschließend. Dies spiegele sich auch im Team der SAPV wider: „Wir haben mit zwei Mitarbeitenden begonnen, jetzt sind wir ein Team von sieben Fachkräften. Künftig wollen wir uns pflegerisch weiter vergrößern.“